~ Gedanken ~
Heute begehen wir die Wintersonnenwende. Ich werde auf einem Zettel alles schreiben was ich loslassen will. Ich werde auf einen Zettel schreiben wofür ich dankbar bin. Und ich werde auf einen Zettel schreiben was ich mir in mein Leben wünsche. Heute ist die Nacht am Längsten, die Dunkelheit umschließt uns und ab morgen kehrt das Licht zurück. Das Licht wird geboren. Und nun bald beginnen auch die Raunächte – die Zeit zwischen den Zeiten. Eine Zeit der Ruhe, des Innehaltens, des Rückzugs und der Rückschau, sowie dem Blick nach Vorn. Und all das spüre ich schon – ich ziehe mich schon seit einigen Tagen zurück und ich schau seit gestern sehr bewusst in die Vergangenheit, auf das letzte Jahr und die Jahre zuvor.
Ich bin gerade keine starke Frau. Ich bin gerade nicht taff, nicht selbstbewusst, nicht immer nur aufrecht und kraftvoll. Seit gestern weine ich und das ist sowas von in Ordnung und gut. Vor allem weil ich diese Dankbarkeit und auch das Glück in mir dennoch fühle. Jetzt wäre es mal schön in den Arm genommen zu werden und sich einfach nur mal anzulehnen, nur gibt es das gerade nicht für mich. Ich muss an Zeiten denken, in denen ich „nur“ schwach war und es für den damaligen Mann genau richtig war, denn er konnte die Männerrolle des Beschützers, Ernährers, Held, Helfer und Fels in der Brandung übernehmen. Als ich dann in meine Kraft kam verlor er diese Aufgaben und die Beziehung brach auseinander. Das „Problem“ einer starken Frau ist, dass sie für diese Aufgaben keinen Mann mehr braucht und wenn die Frau in ihrer Kraft ist und einen Mann kennen lernt, dann beginnt eine Beziehung auf einer ganz anderen Ebene und wenn dann die Frau einen schwachen Moment hat, dann … tja, dann bringt es das Beziehungskonstrukt auch wieder ins Wanken. Und so wanke ich gerade mit mir selber. Ich bin eine Frau, die einerseits weiß was sie kann und dass sie keinen Mann für die klassischen Rollenbilder braucht, die aber auch weiß, dass sie ihre schwachen Momente hat und sich nach einer Schulter sehnt und doch weiß, dass sie aktuell gar keinen Mann an ihrer Seite aushalten würde. Ganz schön verrückt. Aber für ich gerade genau so und irgendwie auch stimmig.
Ich bin so unglaublich glücklich und gesegnet, denn ich habe im Moment Menschen in meinem Umfeld, die mir so unendlich wichtig sind und mir so unglaublich viel bedeuten. Wir haben immer ein offenes Ohr für einander und helfen und unterstützen uns wo wir nur können und dass über sehr viele Kilometer hinweg. Es gibt doch wohl kaum ein größeres Geschenk. Und zu alle dem fällt mir immer mehr auf, wie viel mehr ich spüre, als noch vor Jahren. Was ich alles wahrnehmen kann und wie tief ich es in mir aufnehme und genieße. Kürzlich ging ich außen am Weihnachtsmarkt vorbei. Ich spürte Freude und das Klingeln der Karussells und die Liebe der Menschen. Noch bevor der Weihnachtsmarkt kam roch ich die gebrannten Nüsse, die Zuckerwatte und die Lebkuchen, einige Meter weiter war der süße Geruch verschwunden und es roch nach Bratwürsten und Glückwein. Und ich bin nicht einen einzigen Schritt über den Weihnachtsmarkt gegangen. Die Luft ist so gefüllt von all den Gerüchen. Und mir wurde bewusst wie intensiv ich dies alles wahrgenommen habe. Im krassen Gegensatz dazu ist die Stimmung in den Geschäften, wo die Luft zum zerreißen angespannt ist und man das Gefühl hat, nur ein kleiner Funke würde nötig sein, damit alles explodiert.
Es ist gerade so wie in einer Dose voller bunter Perlen – jeder Schritt bringt andere Gefühle, Gerüche, Begegnungen und Energien. Es ist bunt und wild und gemischt und alles eben irgendwie da, nur in ganz verschiedener Konzentration. So wie jede Farbe aus verschiedenen Farben zusammengesetzt ist und wenn man die Konzentration einer Farbe verändert verändert sich die ganze Farbe.
Heute Abend werde ich die Wintersonnenwende begehen. Meine Raunachtskerzen habe ich schon gefertigt und in den nächsten Tagen werde ich meine 13 Zettel mit den 13 Wünschen schreiben. Der Block mit der Pastellkreide liegt für die Raunachtsbilder bereit und ich freue mich darauf wieder zu jeder Raunacht eine schamanische Reise zu machen. Ich weiß noch nicht, ob ich dieses Mal euch davon berichte, so wie damals von meinen Drachenreisen zur Raunacht. Wir werden es sehen, was ruft.
Ich wünsche euch eine magische Wintersonnenwende und ein besinnliches Weihnachtsfest und zauberhafte Raunächte.
Alles Liebe, eure Kerstin