~ alles kommt wie es soll ~
Vor meinem Urlaub auf Rhodos las ich den Reiseführer und machte mich schlau darüber, was ich alles gern sehen und erleben möchte. Dabei wurde mir sehr schnell bewusst, dass ich unbedingt die Johanniterburg auf dem Monolithos besuchen möchte. Ich wollte dort sein und meditieren, mich mit dem Ort verbinden und einfach nur erfahren und spüren. Auf Rhodos angekommen wurde mir leider nach nur wenigen Stunden gesagt, dass es ohne eigenes Auto oder Übernachtung im Ort Monolithos nicht möglich wäre dort hin zu kommen. Eine Taxifahrt – one way – würde 100€ kosten und der Bus fährt nur früh am Morgen von Monolithos nach Rhodos Stadt und am Abend nach Monolithos zurück. Kleine Orte im Süden, der Mitte und dem Westen der Insel werden nur sehr selten mit dem Bus angefahren, weil der Bedarf einfach nicht da ist. Entsprechend traurig war ich darüber.
Immer wieder dachte ich darüber nach, was ich machen könnte. Was würde ich noch so gern sehen wollen? Wo wollte ich meditieren und fühlen? Mein Plan B stand irgendwann. Die Johanniterburg in Asklipion sollte es sein. Der Plan stand. Ich würde einen Teil mit dem Bus fahren können und nur eine kurze Strecke mit dem Taxi. Eine gewisse Unsicherheit steckte dennoch in mir. Mein Englisch ist sehr schlecht und die Strecke kenn ich nicht und würde ich alles finden und würde ich vor allem alles wieder zurück hinbekommen? Alte Muster und Ängste waren da und ich hieß sie Willkommen.
Der Abend bevor ich meinen Ausflug machen wollte war gekommen und mir ging es körperlich gar nicht gut. Die Bronchitis wurde schlimmer und ich fühlte mich einfach nur schlapp und matt. Nein, ich wollte den Urlaub nicht beenden ohne etwas nur für mich getan zu haben – einen Ausflug allein und für mich und wirklich nur für mich! Willen und Trotz, eine seltsame Kombi, aber wirkungsvoll.
Der Morgen kam und ich schmiss alles über den Haufen, denn so ein ganzer Tagesausflug war mir zu viel. In einem Flyer hatte ich von einem Kloster gelesen, was gar nicht weit weg war und wo so eine Touri-Bimmelbahn direkt vom Hotel hinfuhr. 8€ für Hin- und Rückfahrt. Kurz nach 9Uhr los und gegen 13Uhr würde ich wieder im Hotel sein. Perfekt, dann hatte ich den restlichen Tag um einfach mich auszuruhen und Kraft zu tanken.
Die Bimmelbahn auf Rädern war sehr voll und so setzten sich ein kleiner Junge, ein kleines Mädchen und ihre Mutter zu mir auf die Bank. Wir unterhielten uns ganz toll und die Kinder erzählten mir, dass sie schon zum 3. Mal da waren und wie toll alles ist und und und. Es war sehr schön und ich freute mich darüber. Fast alle stiegen an der Kalithea Therme aus. Nur ein Pärchen und ich fuhren weiter zum Kloster. Auf dem Weg wurden noch ein Paar Menschen eingesammelt, die auch zum Kloster wollten.
Nach 1h Fahrt kamen wir im Kloster an. Da war ich nun. Und ich war enttäuscht. Es war weiß und blau. Einige Stufen und ein paar Gebäude, aber wo war das Kloster? Wo war die Kirche? Wo war der Ort an dem ich meditieren wollte?
Die Menschen stürzten sich auf die Pfauen, fotografierten sie und starrten sie an. Die Pfauen miauten – zumindest hörte sich ihr Ruf so für mich an. Ich bewunderte sie und fotografierte sie auch. Irgendwie wurde ich durch sie ruhiger. Ich akzeptierte den Ort und ließ mich drauf ein. Irgendetwas würde hier schon passieren und wenn nicht, dann wäre dies auch vollkommen in Ordnung.
Ich ging eine Ebene höher und schaute mich um und fand gleich darauf Federn – die Längsten Radfedern haben keine Augen. Eine so lange Feder würde ich nicht in den Koffer bekommen. Also stellte ich sie liebevoll an einen Baum. Mein Blick wanderte und ich betrachtete die Kirche. Ein winziges weißes Häuschen, mit einer blauen Glocke an der Seite stehend. Blau und weiß – typisch Griechenland. Aber diese Kirche sah keineswegs aus wie eine Kirche. So hatte ich sie mir einfach nicht vorgestellt. Nachdem alle anderen die Kirche verlassen hatten ging ich hinein. Meine Kamera hatte ich noch immer in der Hand. Ich schaute mich um, gab eine Geldspende und nahm mir eine Kerze. Ich kniete mich auf den mit Kieseln gepflasterten Boden und betete. Sofort überkam mich eine innere Ruhe und Tränen stiegen mir in die Augen. Ich wusste, ich war richtig hier. Mit meinen Wünschen besprochen zündete ich die Kerze an und ging einen Raum weiter. Der erste Raum war vielleicht 2x3m und der zweite Raum, mit den Beichtstühlen, war auch nicht viel größer. Die Wände waren dunkel bemalt. Alte Zeichnungen und ein großes Bild des Erzengel Michaels, an dem die silbernen Platten gebunden waren, mit denen die Menschen um Heilung und Gesundheit baten. Ich war richtig hier und doch irgendwie auch nicht. Was sollte ich nun tun? Die Kirche hatte ich gesehen und ich wollte nicht irgendwelche Stufen den Berg hoch um noch eine andere Kirche zu sehen, aber außer die weißen Etagen und die Pfaue gab es hier nichts. Und ich hatte 1,5h hier an diesem Ort. Also wand ich mich den Pfauen zu, fotografierte sie und versuchte mich mit ihnen zu unterhalten. Sie sahen mich sehr genau an und zeigten sich mir, aber immer mit einem gewissen Abstand. Irgendwann packte ich meine Kamera weg und lief abseits der Pfade, hinter die Häuser und in den Wald. Ich wollte entdecken und sehen was andere nicht sahen. Es war nicht so gepflegt und die Menschen warfen auch hier ihren Müll überall hin. Und zwischen all dem liefen die Pfauen herum – und ich. Aber da gab es mehr. Eine große karamellfarbene Feder lag auf meinem Weg und wieder spürte ich wie mir die Tränen in die Augen stiegen. Was für eine Ehre. Ich war so dankbar, denn nun wusste ich warum mich dieser Ort gerufen hatte. Jedem Pfau den ich sah dankte ich für sein Geschenk und so fand ich noch 2 weitere karamellfarbene Federn und zwei schwarze. Ich sprach mit den männlichen Pfauen wie mit den weiblichen und irgendwann stand in der Ferne ein männlicher Pfau und öffnete sein Rad und zeigte sich mir in all seiner Pracht und Schönheit. Weit und breit war niemand der anderen Menschen zu sehen und auch kein Pfau. Sein Tanz berührte mich tief. Diese Schönheit und dieser Stolz, ohne Hochmut und Überheblichkeit. Wunderschön. Ich ging weiter und sah mir die Olivenbäume an und plötzlich sah ich ihn. Er stand auf einem großen Stein, keine zwei Schritte von mir entfernt. Nur ein paar Äste des Olivenbaums waren zwischen uns. Er sah mich an und wir begannen miteinander zu sprechen. Es war ein so tiefes und bewegendes Gespräch – von Herz zu Herz. Ich weiß nicht wie lange wir uns unterhielten, aber irgendwann dankte er mir und ich ihm. Meinen Blick konnte ich nicht von ihm wenden, aber dennoch ging ich um den Baum herum und stand dann direkt vor dem Stein. Der Stein reichte mir bis zu den Schultern und der Pfau stand noch immer auf ihm und kam mir immer näher. Keine halbe Armlänge von meinem Gesicht entfernt blieb er stehen und schaute mir tief in die Augen und dann drehte er sich und seine Schwanzfedern berührten fast meinen Hals. Mir stockte der Atem, denn das war ein Moment für den es keine Worte gibt. Es war wie eine Segnung. Tief bewegt und mit Tränen der Rührung in den Augen ging ich noch einmal in die Kirche, kniete nieder und bedankte mich für all diese Geschenke. Die Tränen liefen, als mein Blick auf das Bild des Propheten Amos fiel und sich ein weiteres so tief bewegendes Gespräch entstand.
Mit keinem Gedanken hätte ich all dies erwarten können, was ich in diesen 1,5h im Kloster des Propheten Amos erlebte, erfuhr und fühlte. Es hatte seinen Grund, dass ich nicht die Johanniterburgen besuchte sondern „nur“ dieses kleine unscheinbare Kloster. Selbst jetzt beim Schreiben fließen die Tränen, denn diese Begegnungen mit den Pfauen und dem Propheten Amos waren mehr als ich zu hoffen gewagt habe.
Eines darf ich euch übermitteln – der Pfau ist das auf Erden wandelnde Abbild des Phönix. Schaut selber …
Seid gesegnet.
~ © Kerstin Kochler